Ein Jahr und extrem viel Hin und Her. An diesem Donnerstag konnte der Großflächenverband Begros aus Oberhausen melden: „Krieger-Gruppe wird Mitglied im Begros-Verbund. Bundeskartellamt stimmt Beitritt zu.“
Das war nicht immer zu erwarten in den vergangenen Monaten. Der im Januar vor einem Jahr vermeldete Beitritt stand kurz vor dem Aus. Anwälte waren gefordert, von allen Seiten wurden Argumente vorgetragen. Und auch innerhalb der Begros gab es, nennen wir es mal vorsichtig: Klärungsbedarf. Vor allem das größte Begros-Mitglied, die Porta-Gruppe, wollte ihren Gestaltungsraum, vor allem in Ostdeutschland, wo Porta an vielen Standorten mit Höffner-Häusern kollidiert, durchaus gesondert beachtet sehen.
Erstmal die Meldung von Donnerstagvormittag aus Oberhausen im Wortlaut: „Die Krieger-Gruppe verstärkt ab sofort den Begros-Verband. Die Mitgliedschaft war bereits Anfang 2021 vereinbart und sodann dem Bundeskartellamt zur Prüfung vorgestellt worden. Das Verfahren des Bundeskartellamts fiel deutlich umfangreicher aus als ursprünglich erwartet, führte aber zum gewünschten Ergebnis. Das Bundeskartellamt hat dem Beitritt der Krieger-Gruppe nun zugestimmt. Voraussetzung war, dass die beiden größten Mitglieder zukünftig auch bei gemeinsamer Beschaffung in der Begros hinreichend verschiedene Sortimente führen.“ Begros-Geschäftsführer Patrick Neuss kommentiert: „Wir haben die Prüfung des Bundeskartellamtes jederzeit sehr engagiert unterstützt und so eine verlässliche Grundlage für unsere zukünftige Verbandsarbeit und deren Weiterentwicklung geschaffen“.
Die hohen Hürden, die es gab, sind somit offenbar genommen. Es ging im Klärungsprozess um standortbezogene Auflagen und Auflagen für den Einkauf. Die Beschreibung „hinreichend verschiedene Sortimente“ in der jetzigen Begros-Erklärung ist allgemein genug gewählt, um die Konstruktion nicht zu sehr im Detail auszurollen, aber damit doch zu sagen, dass der Deal nicht ohne Auflagen durchgegangen ist.
Das Bundeskartellamt wird das Konstrukt auch bald in einem eigenen Fallbericht beschreiben. Wir werden es an dieser Stelle in einfachen Worten versuchen. Begros-intern läuft die Regelung unter dem Begriff „Zwei-Markenfamilien-Modell“. Heißt: Erstmal, also für einen bestimmten Zeitraum, wird KHG die Primärmarken des Konditionsverbands, der vor KHG bei rund 5 Mrd Euro Außenumsatz liegen dürfte, nicht einsetzen. Also: Kein Mondo, kein Vito, kein Liv’in, kein Valmondo bei Höffner.
Ganz so einfach ist es aber nicht, denn es gibt eine Regelung, die die Differenzierung der Porta-Gruppe und von KHG auf dem Feld der Eigenmarken im Markt sicherstellen soll. Die besagt: Entweder kauft die Begros ein Exklusivmodell für die Primärmarken ohne KHG – oder sie kauft es mit KHG, dann aber ohne Porta. Und in diesem Fall wird das Modell dann in den Häusern auch unter einer anderen Eigenmarke geführt. Sollte KHG zum Beispiel dennoch ein Mondo-Modell haben wollen, muss es im Produkt eine „Differenzierung“ geben.
Die Industrie-Lobby hat ein Jahr gegen den KHG-Beitritt zur Begros gekämpft – und am Ende beim Bundeskartellamt in Bonn nicht das von vielen in ihrem Lager erwünschte Ergebnis herbeigeführt. Es war für viele Protagonisten auf Herstellerseite nicht vorstellbar, dass der Beitritt durchgeht. Die Überraschung ist groß. Viele sind fassungslos. Der Druck wird erstmal weiter steigen. VDM-Chef Jan Kurth meldet sich am Donnerstagnachmittag mit folgendem Statement zu Wort:
„In der deutschen Möbelindustrie ruft die Entscheidung des Bundeskartellamts erhebliche Bedenken hervor. Mit dem Zusammenschluss der beiden Einheiten erhöht sich die Konzentration im Möbelhandel weiter massiv und das gemeinsame Einkaufsvolumen in Milliardenhöhe wird die Industrieseite weiter unter Druck setzen. Die deutschen Möbelhersteller leiden schon seit geraumer Zeit stark unter der großen Marktmacht des Möbelhandels. Insbesondere in jüngster Zeit hat sich das Marktumfeld aufgrund der Herausforderungen auf der Beschaffungsseite noch einmal drastisch verschärft. Die vom Kartellamt genannten Einschränkungen hinsichtlich der Eigenmarken des Begros-Mitglieds Porta und der KHG, die zukünftig nicht gemeinsam geführt werden dürfen, werden diesen Druck unserer Einschätzung nach nicht in ausreichendem Maß abmildern können. Dies schon deshalb nicht, weil der Anteil der Eigenmarken zwar bedeutsam ist, aber in Summe bei weitem nicht überwiegt. Fraglich ist zudem, ob die sogenannte „Zwei-Markenfamilie“ mit einem getrennten Einkauf gleichgestellt werden kann. Die vom Bundeskartellamt genannte Grenze von 15 Prozent Marktanteil dürfte mit dem Zusammenschluss vielfach weit überschritten sein. Auch wenn im vorliegenden Fall der Fokus des Bundeskartellamts auf den Absatzmärkten – und leider nicht auf der Lieferantenseite – lag, wird die Entscheidung mittelfristig zu einer Vereinheitlichung des Sortiments und zu einer geringeren Auswahl für die Verbraucher führen.“