Zum Hauptinhalt springen

Dreimal Leipzig und zurück

INSIDE-Geschichten des Jahres (4)

Dreimal Leipzig und zurück

01. Januar 2025, 16:39
Verbrauchermesse in Leipzig

Nicht, dass ich vor 2024 noch nie in Leipzig gewesen wäre. War ich schon. So richtig auf den Geschmack gekommen bin ich aber erst in diesem Jahr. Gleich drei Stationen in der sächsischen Großstadt haben durchaus ambivalente Eindrücke bei mir hinterlassen.

Wie eine Reise auf einen anderen Planeten kam mir mein Besuch der Haus-Garten-Freizeit im Februar vor. Als Verbrauchermessenneuling hätte ich Alpakas, Ziegen, Trommeltauben oder Hausschweine neben Fellmützen und Handyhüllen in einer Messehalle nicht zwingend verortet. Gab’s aber ebenso wie ein „Bibelmobil“, das so überhaupt nicht zur Personalsuche für Teslas Gigafactory oder das Leipziger XXXLutz-Küchen- Heimberatungshub passte oder zum mitten in der Halle 1 platzierten Biergarten, der schon früh um zehn echt gut besucht war. Kein Wunder – wer den Mengenrabatt auf Pils und ein Schnäpsken obendrauf voll mitnehmen wollte, musste zeitig starten. Wäre vielleicht auch eine Idee gewesen, um die Besucherschaft für die IMM Cologne fröhlich zu stimmen.

Natürlich war ich weder zum Haustierkauf noch wegen des Bier-Rabatts angereist. Die Möbler und Küchenanbieter unter den Ausstellern standen auf meinem Besuchsplan: XXXLutz, Ratiomat, Wohnfabrik Pforzheim, Polster Fischer, KHG mit Höffner Leipzig, Alno, Mahler Siebenlehn, Meda und Porta und andere stellten aus. Hauptgeschäft schienen Küchen zu Meterpreisen zu sein. Wird nicht mein Steckenpferd, so viel kann ich verraten. Aber: Ich wurde dort auch auf das junge Küchenhandelsunternehmen Xanocs mit Standorten in Grimma und Leipzig zum ersten Mal aufmerksam.

Da ich gerade so im Flow war durch Begegnungen mit Schaf und Huhn (und nicht etwa infolge von Schnapskonsum), beschloss ich kurzerhand, mich in die Tram zu setzen und bei zwei Jungunternehmern vorbeizuschauen, zu denen ich per Mail und Telefon vorab nicht durchgedrungen war. Nach einem Fernsehbeitrag im MDR war den beiden die Bude eingerannt worden, ihr Postfach quoll über, Zeit hatten sie keine. Eigentlich. Als ich dann einfach so reinspazierte, nahmen sie sich welche. Dreist gewinnt. Björn Hinrichsen und Kris Sullivan haben sich mit Nabyteque auf die Restauration von Vintagemöbeln aus der DDR, speziell von den Deutschen Werkstätten Hellerau, und aus der CSSR spezialisiert. Entstanden ist ihre Geschäftsidee aus einem Hobby und dem Wunsch, sich für schmales Geld abzusetzen von dem Ikea-Einheitsbrei in Leipziger Studentenbuden.

Die nächste Reise nach Leipzig stand bei sommerlicher Hitze im Juli an. Mit dem Deutschlandticket habe ich mich auf den Weg gemacht und habe Xanocs besucht, eben den Küchenhändler, auf den ich bei der Endverbrauchermesse gestoßen war. Erstmal zum Hauptstandort in Grimma im Leipziger Speckgürtel, mit dem Deutschlandticket, und von dort gemeinsam mit meinem Gastgeber Stefan Riga noch weiter nach Leipzig, wo der KSV-Händler seinen zweiten Standort mitten auf der Szenemeile „Karli“ betreibt. Bei Xanocs in Grimma gibt's übrigens auch Alpakas. Die gehören aber nicht zum Geschäft, sondern zur Alpakafarm gegenüber, was schon einiges aussagt über die ländliche Lage des Start-ups.

Imponiert hat mir Xanocs zum einen wegen der interessanten Kombination aus junger Gründerin und erfahrenem Geschäftsleiter. Geschäftsführerin Carolin Möbius hat im Unternehmen ihres Vaters Stefan Möbius, Möbel-Montage-Möbius (MMM), gelernt, die vor allem für Großflächenhändler arbeitet. Ihr Wunsch war es, mehr Endkundenkontakt zu haben und Menschen zu begeistern. Aufgebaut hat sie ihr Business gemeinsam mit Stefan Riga, Hans Dampf in allen Gassen und früher Logistikleiter bei Küchenquelle. Nach Sachsen kam er, weil Xanocs zusammen mit MMM ursprünglich mal ein ähnliches Konzept wie Küchenquelle aufbauen wollte. Kam anders, nun ist das Unternehmen im stationären Handel beheimatet, und das erfolgreich. Und vor allem „mit System“. Herzstück des Geschäfts ist das interne System, aufgebaut auf dem MMM-System für die Montageabwicklung. Darüber können alle Beschäftigten jederzeit auf alle Kundendaten zugreifen und sofort Auskunft geben. Küchenplaner bekommen direkt Kalendereinträge, wenn Kunden Termine buchen. Es gibt digitalisierte Montageberichte, Angebote und Kaufverträge, Berichts- und Bestellwesen sind ins System integriert. Auch Xanocs-Kunden werden transparent darüber informiert, wo ihre Küche steckt (wenn sie das denn wollen). Es werden Planungen per WhatsApp verschickt und Bewertungen aktiv eingeholt. Die Weiterempfehlungsquote ist messbar. Sie liegt zwischen 40 und 50 Prozent. Ich war, wie man auf Neudeutsch sagt, impressed. Auch noch vor ein paar Tagen, als ich mich in Grimma nochmal meldete und erfuhr: „Aufgelaufen liegen wir bei plus 5 Prozent zum Plan und plus 13 Prozent zum Vorjahr.“ Übermütig werden will Riga deshalb nicht: „Im Januar werden wieder alle Karten neu gemischt. Nichts ist so vergänglich wie der Erfolg von gestern!“

 Eva Ernst

Im letzten INSIDE Magazin des Jahres 2024 haben wir nochmal zurückgeblickt. Wir haben uns entschlossen, auf den klassischen Jahresrückblick zum Möbelmarkt zu verzichten, der gewiss eine Auflistung von Insolvenzen, Personalwechseln, Geschäftsaufgaben und Unternehmensverkäufen geworden wäre. Stattdessen hat jeder INSIDE-Redakteur (und auch die Redakteurin) in einer Geschichte des Jahres aufgeschrieben, was ihn oder sie am meisten beeindruckt hat in diesem Jahr. Und wir haben zusammengetragen, was uns 2024 nachdenklich gemacht hat. Diese Geschichten des Jahres werden wir nach und nach auch online auf INSIDE Küche veröffentlichen.

Anzeige

Login

Hier zum Newsletter anmelden: