16. Februar 2023, 12:55
Der Antwort auf die Frage, wie sich wohl der Markt im Jahr 2023 entwickelt, wird aktuell gern ausgewichen. Schwieriger waren die ja auch Prognosen selten. Bei der heutigen Pressekonferenz der ostwestfälischen Beschläge-Größe Hettich gab Holding-Geschäftsführerin Jana Schönfeld allerdings eine erstaunlich klare Antwort. Man rechne erstmal mit dem Vorjahresniveau, sagte sie. Bei 74 Prozent Exportanteil ist das Risiko für die weltweit agierende Gruppe breit gestreut. Während in den meisten europäischen Märkten und in China noch auf eine Wiederbelebung der Konsumstimmung gewartet wird, ist Hettich für den US-Markt eher optimistisch.
Aktuell macht sich im Auftragseingang bemerkbar, dass Industrie und Handel global ihre während der Pandemie überproportional stark aufgebauten Lagerbestände abbauen. An einigen Hettich-Standorten musste deshalb die Produktion heruntergefahren werden. Dazu wird teilweise Kurzarbeit eingesetzt. „Wir gehen davon aus, dass das eine temporäre Phase ist, die endet, wenn die Lagerbestände auf ein Normalmaß zurückgeführt worden sind“, so Schönfeld.
Das vergangene Jahr war für Hettich zweigeteilt, stellten Schönfeld und ihr Geschäftsführerkollege Sascha Groß während des virtuellen Presseevents dar. Während das Hoch aus den Pandemiejahren in der ersten Jahreshälfte noch anhielt, kam im zweiten Halbjahr die Flaute. Dennoch konnte die Unternehmensgruppe ihren Umsatz 2022 um knapp 10 Prozent auf 1,5 Mrd Euro steigern. Das Wachstum war nicht allein preisgetrieben, sondern auch auf höhere Absatzmengen zurückzuführen. Eine gute Entwicklung verbuchte Hettich vor allem in den USA und in Indien.
Auch im laufenden Jahr rechnet Hettich noch mit einer angespannten Supply Chain – obwohl der Containerstau sich löst. Die Kostensituation wird ebenfalls schwierig bleiben. Inflation, Energiepreiserhöhungen, erforderlicher Einfallsreichtum bei der Rohstoff- und Komponentenbeschaffung, die Vorbereitung auf die nun nicht eingetretene Gasmangelage und hohe Tarifabschlüsse haben das Ergebnis im vergangenen Jahr unter Druck gesetzt. Ob in diesem Jahr weitere Anhebungen der eigenen Preise anstehen, werde sich im Laufe des Jahres zeigen.
Investiert hat Hettich im vergangenen Jahr 125 Mio Euro nach 79 Mio Euro im Vorjahr. Unter anderem wird am Stammsitz gerade Schubkastenproduktion erweitert.
Von den 8.000 Mitarbeitern in der Gruppe sind 3.800 in Deutschland beschäftigt. Ihnen bietet Hettich, wo es geht, flexible Arbeitsbedingungen. So wird für Bürojobs weiterhin Mobile Office angeboten, wodurch auch Kollegen in Süddeutschland oder Luxemburg gewonnen werden konnten. Auch in Produktion und Logistik will Hettich Flexibilität anbieten. So hätten sich an einem US-Standort Mitarbeiter eine Vier-Tage-Woche gewünscht. Sie teilen die Wochenarbeitszeit jetzt durch vier und sparen sich eine Anfahrt. Los geht es noch im Februar.
Eine längere Passage in der PK – eine Folge des Fachkräftemangels – wurde auch dem Thema Ausbildung gewidmet. Die Zahl der Ausbildungsplätze soll noch ausgebaut werden. „Wir schauen nicht nur nach den Abiturienten“, sagte Schönfeld. Der eigenen Aus- und Weiterbildungsgesellschaft, die im vergangenen Jahr als Hettich NewCo an den Start gegangen war, wurde nun übrigens in Abstimmung mit den Auszubildenden in Hettich Education Academy umbenannt.