Häfele
Nägel mit Köpfen

Häfele auf der Interzum: Das ist immer was, in normalen Zeiten. Zugehen tut‘s auf dem Stand der Nagolder. Jeder, der auf die Messe geht, geht auch bei Häfele vorbei. Jeder. Ja, normalerweise. Normal ist aber ja grad nix. Und so musste auch der Nagolder Riese in seiner Bilanz für das erste Corona-Jahr 2020 einen Umsatzrückgang um 7,3 Prozent vermelden. Knapp 1,4 Mrd Euro kamen trotz allem auf die Waage.
Die Zahlen meldete Häfele Anfang Februar. Da brummte das Geschäft längst schon wieder in Nagold. Das zweite Halbjahr 2020 war wieder richtig gut gewesen. Das Handwerk, das Industriegeschäft: überall Plus. Nur Hospitality schwächelt bis heute nachvollziehbarerweise weiter. Anruf bei Häfele-Chefin Sibylle Thierer Mitte April. Intensive Zeiten. Sibylle Thierer sagt es so: „Wir erleben das, was wir uns immer gewünscht haben. Das Wohnen steht im Mittelpunkt des Interesses der Menschen. Der Anlass ist natürlich eine Katastrophe. Doch wir als Branche haben alle Möglichkeiten, das Beste daraus zu machen. Der Bedarf ist da und geweckt. Jetzt müssen wir uns alle fragen, wie wir es schaffen, dass die Nachfrage nach Möbeln hoch bleibt. Es wird über neue und gute Lösungen gehen, clevere multifunktionale Möbel und Küchen, da bin ich sicher.“ Über die Delle im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres, die in ihrem Ausmaß in Nagold durchaus historische Züge hatte, muss man nicht mehr reden. Ausgemerzt.
Heute sagt Thierer: „Die aktuelle Auftragslage ist sehr erfreulich. Heute kämpfen wir mit anderen Dingen. Das große Thema ist, die Verfügbarkeit abzusichern. Daran arbeiten wir Tag und Nacht. Die Lage ist kritisch.“ Kein Gespräch ohne das leidige Thema Material. Häfele, ein Gigant in der Beschaffung, aber auch ein Player auf so vielen Feldern, ist in besonderem Maße gefordert. Das gilt für das Beschaffungsthema genauso wie für die große weite Welt der Häfele-Inspiration in allen Geschäftsfeldern der Gruppe.
Mit der Interzum fehlt in Nagold ein sehr großer Baustein auf dem Feld der Kommunikation. Die Interzum@home wurde im Winter deshalb federführend auch in Nagold mitangestoßen, um die Leitmesse perspektivisch abzusichern. Wie wird das denn dann 2023, wird die Interzum wieder so wie vorher? Thierer: „Das wird noch viel besser. Ich glaube fest an eine starke Interzum im Jahr 2023.“ Hybrid wird es sicher irgendwie sein müssen 2023, aber eben wieder persönlich und am Rhein. Doch wenn die Vor-Ort-Leitmesse, um die die Branchengrößen grad gemeinsam mit der Messegesellschaft kämpfen, dann um die Erfahrungen aus der digitalen Plattform-Welt angereichert wird, gelingt es vielleicht sogar, noch den letzten Tischler in Neuseeland anzusprechen. Licht-Mission Häfele hat die eigene Discoveries- Plattform mit viel Aufwand und vielen Erfahrungen aus dem letzten Jahr, in dem man auch schon mit einer Plattform vor allem dem Handwerk sehr nahe kam, aufgebaut.
Start der Häfele Discoveries ist parallel mit dem Auftakt der digitalen Interzum. Thierer selbst wird die Discoveries eröffnen, aus dem Studio, live in die Welt. Auf der Plattform werden 16 Themen und Produktwelten bespielt, wird mit Vorträgen, Diskussionen und kleinen Shows zu punkten versucht. Möbelfertigung- Chef Tino Eggert interviewt KI-Expertin Verena Fink. Serdar Turan vom Harvard Business Review wird sich mit Mikro-Wohnräumen und pandemiespezifischen Wohntrends beschäftigen. Roland Schraut wird im Gespräch mit dem Chefredakteur der Handwerks-Zeitschrift BM neue Wege im Tischler- und Schreinerhandwerk erörtern. Die Discoveries-Plattform wird länger im Netz bleiben. „Das wird ein Dauerthema in diesem Jahr und länger, wir werden die Plattform haben, wir werden eine Roadshow machen, wir werden so wie es eben geht, Kunden in unsere Showrooms laden.
Wir ziehen alle Register“, sagt Thierer. Das gilt auch für Thierers Leib-und-Magen-Thema: Licht. Licht im Möbel. Seit rund zehn Jahren ist Licht ein Thema in Nagold, anfangs ein Pflänzchen, heute ein dicker Baum. Vor zwei Jahren wurde mit Nimbus on top zu den Aktivitäten in dem Segment ein Leuchten-Spezialist übernommen. Ende 2020 wurde dann sogar eine eigene Produktion für Leuchten – Stückzahl-1-fähig – in Nagold ans Netz gebracht, die vor allem für die Küchen- und Möbelindustrie als Partner aufgebaut werden soll. Thierer: „Wir können uns hier flexibel jeder Küchengröße anpassen.“ Häfeles Licht-Mission: Möbel- und Deckenlicht auf 24-Volt-Basis verknüpfen. Neue Geschäftsfelder erschließen. Als Partner der Industrie – mit Service-Versprechen bis hin zum Endkunden. Thierer: „Wir können sogar bei der Installation vor Ort helfen. Das muss ja auch jemand machen.“ Jetzt werden in der Nagolder Licht-Sparte Nägel mit Köpfen gemacht. Der Wettbewerb im Möbelleuchten-Segment wird genau hinschauen.