Ein Gespräch mit Küchenquelle-Geschäftsführer Christian Neusser

Küchenquelle

Von den Wurzeln aus

21. April 2022, 11:10
Küchenquelle-Unternehmenszentrale im Nürnberger Hansa Park

Dass Küchenquelle sich seit dem Zusammenschluss mit Kiveda im Jahr 2015 quasi im Dauerumbau befand, sorgte über Jahre für Gesprächsstoff in der Branche. Inzwischen hat man sich auf die Wurzeln besonnen: die Beratung beim Kunden zu Hause, die sie in Nürnberg Direktvertrieb nennen. Mit diesem Modell und neuem Gesellschafter soll nun expandiert werden – sortimentsmäßig und geographisch.

Wir haben Küchenquelle-Geschäftsführer Christian Neusser kurz vor Ostern zwischen zig Meetings per Zoom getroffen. Christian Neusser, 45, ist seit Oktober 2020 dabei. Er hat schon einiges gesehen in seiner Berufslaufbahn: Banking, Maschinenbau, Deutsche Bahn, KPMG, Pfleiderer. Unternehmensbeteiligungen als Business Angel und Investor und die Gründung einer eigenen Beratung mit 100 Mitarbeitern stehen ebenfalls in seiner Vita.

13 : 18 Querformat

Buchautor ist Neusser auch: „Extremsituation Unternehmensnachfolge“ heißt sein jüngstes Werk. Auf seiner Webseite schreibt er als „Brandschutz-Experte für die Unternehmensnachfolge“: „Ich tanke Kraft, wenn ich draußen bin. Am liebsten ist es mir, wenn der Blick in die Ferne schweifen kann und der Wind mir um die Nase weht. Dort genieße ich die Ruhe, bevor der nächste Brandeinsatz ruft.“ In den letzten zwei Jahren hat Neusser in Nürnberg keine Brände gelöscht, aber immerhin den Umbau der Küchenquelle begleitet.

Seit der Fusion mit dem 2013 gegründeten Küchen-Online-Vermarkter Kiveda ist bei Küchenquelle viel passiert: die Einstellung des ursprünglichen Kiveda-Geschäftsmodells, der Umzug der Zentrale, Logistikchaos, das Ende der Stationärgeschäfte, Digitalisierungsprojekte im Hintergrund, zahlreiche Wechsel in der Führungsriege, auch in der Geschäftsführung. Bernd Warnick, dessen Historie bei Küchenquelle weit in die Arcandor-Zeit hineinreichte, ist bereits seit 2017 nicht mehr an Bord. Auch die Kiveda-Strategen Michael Börnicke und Julian Strosek sind längst nicht mehr dabei. Die Geschäftsführer-Abgänge der jüngeren Vergangenheit: Daniel Haberkorn, Stephan Pattberg, Andreas Rode, Alexander Möller.

Neusser führt das Unternehmen jetzt gemeinsam mit Mikhail Nikitin vom tschechischen Großaktionär EMMA Capital, der im letzten Sommer als größter Anteilseigner dazustieß. An der als neuer Dachgesellschaft für Küchenquelle und das Digitalunternehmen Island Labs gegründeten Home Furniture Group hält EMMA 46 Prozent. Die übrigen Anteile teilen sich die Altgesellschafter EMH (knapp 44 Prozent), Kaltroco (rund 7 Prozent) und Crosslantic (rund 3 Prozent). Hinter EMMA stehen sieben Partner, die ihr Geschäft im Zuge der EU-Osterweiterung aufgebaut haben und ihr Kapital nun investieren. Unter anderem in Gaming, aber auch in ein Energieunternehmen und eben in Küchenquelle. In den Beteiligungen arbeitet EMMA aktiv mit, so auch Nikitin bei Küchenquelle. Das hat den Vorteil kürzerer Kommunikations- und Entscheidungswege, sagt Neusser.

Von Kiveda ist rein äußerlich nicht viel geblieben, nicht das E-Commerce-Geschäftsmodell, nicht mal der Name. Allerdings wird Küchenquelle nun in der Branche gern als Onliner verortet. Was man aber nicht sei. Sagt Neusser. Als Onliner sieht Küchenquelle sich aktuell nicht, wohl aber als Digitalunternehmen. Mit Kiveda hat in Nürnberg in größerem Stil die Digitalisierung Einzug gehalten. Und: In der Branche hat Kiveda durchaus dazu beigetragen, dass Küchen-Online-Verkauf nicht mehr das große Tabu-Thema ist, wenn auch nicht der Durchstarter schlechthin, sonst hätte Küchenquelle sich davon wohl auch kaum verabschiedet.

„Wir haben vieles ausprobiert, auch Pop-up-Stores. Für Küchenquelle stimmt aber der Weg des Direktvertriebs. Das machen wir seit 40 Jahren. Für weitere Vertriebswege sind wir mit knapp 300 Mitarbeitern und rund 125 Mio Euro Umsatz auch zu klein“, sagt Neusser. Zunehmend eingesetzt wird beim Verkauf Mixed Reality. Mit der Hololens-Brille, die der Küchenverkäufer im Koffer hat und die die Küchenplanung in das reale Umfeld einblendet, wird nachweislich eine höhere Abschlussquote erzielt. Und: Man kann alles bis zur Rechnung vor Ort beim Kunden machen. Digital läuft natürlich auch die Lead-Generierung, über die die Auslastung der Mitarbeiter gut steuerbar ist. Neusser: „Wir kaufen die Leads nicht umsonst.“ Den Dauerumbau im Unternehmen sieht Neusser rückblickend positiv: „Es stimmt, seit Kiveda gab es einiges Hin und Her. Aber wir sind den Gesellschaftern dankbar, dass viel ausprobiert werden durfte“, sagt Neusser. So wisse man schließlich auch, was künftig nicht mehr zu tun sei. Und: In der Folge des Umbaus sollen in diesem Jahr endlich wieder schwarze Zahlen geschrieben werden, das erste Quartal konnte auftragsmäßig an die gute Entwicklung des Vorjahres anknüpfen.

Spezialkatalog mit Möbeln

Mit Hochdruck wurde in Nürnberg zuletzt an Service und Kundenbetreuung gearbeitet, die Erreichbarkeit durch externe Callcenter verbessert. Die externen Montage- und Logistikunternehmen können nun durch die Endkunden über ein Ratingsystem bewertet werden – nach Möglichkeit wird dann auf die am besten bewerteten zurückgegriffen. Seit dem 1.4. gibt es zudem ein eigenes Serviceteam von sechs Mitarbeitern mit Werkstattfahrzeugen. Für die Ausbildung der Küchenquelle-Verkäufer wurde ein Akademie-Konzept eingeführt, das eine dreimonatige Weiterbildung im Direktvertrieb vorsieht. Quereinsteiger werden sechs Monate lang geschult und bekommen bis zu zwei Jahre einen Mentor zur Seite gestellt.

Zu den nächsten Projekten gehört der Aufbau eines Marktplatzes für Zubehör und Accessoires rund um die Küche, vielleicht auch für Möbel. Unter anderem hier könnte dann die Alliance- Mitgliedschaft seit dem 1.4. zum Tragen kommen. Einen Spezialkatalog mit ausgewählten Möbel-Lieferanten bekommen außerdem die Küchenverkäufer zum Test ins Gepäck. Auf Dauer sollen aber nicht die Küchenplaner zu Möbelverkäufern werden. „Der Küchenverkäufer hat schon die Königsklasse. Ihn auf das ganze Zuhause umzupolen dürfte schwierig werden“, meint Neusser.

Der Alliance-Beitritt hängt aber nicht nur mit Plänen zur Sortimentserweiterung zusammen. Eine große Rolle habe die Möglichkeit zum Networking gespielt. Küchenquelle gehört nun in Rheinbach zu den Top-10-Unternehmen. Dort gebe es Händler, mit denen man auf Augenhöhe kommunizieren könne. Beispielsweise zum Thema Auslandsexpansion. Die finanziellen Möglichkeiten der „Verbreiterung“, wie Neusser es nennt, gibt EMMA Capital der Home Furniture Group mit. Ob die Expansion organisch oder durch Akquisitionen erfolgen soll, steht noch nicht fest. Wie man es übrigens in Nürnberg findet, dass weitere Marktteilnehmer wie XXXLutz das während der Pandemie von vielen erstmal als Notnagel betriebene Heimberatungsgeschäft forcieren? Neusser: „Wettbewerb belebt das Geschäft. Wir haben 40 Jahre Vorsprung und die Hololens.“

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