KBIS: Las Vegas – Weltstadt der Küchen

KBIS

Las Vegas – Weltstadt der Küchen

06. Februar 2023, 6:12
Jan Heck, Markus Miele, Volker Irle

Der Grundstein ist gelegt. Die deutsche Küchenbranche macht sich mit Rückendeckung von AMK, VDM und dem nordamerikanischen Branchenverband NKBA auf, den US-Markt zu erobern.

An drei intensiven Messetagen hat die Küchen- und Bad-Show KBIS, die letzte Woche zusammen mit anderen Messen aus dem Homebuilding-Bereich stattfand, um die 110.000 Besucher durchs Las Vegas Convention Center geschleust und damit möglicherweise sogar die Elektronikmesse CES ausgestochen. Gemeinsam mit der Möbelmesse im Las Vegas Market und der Bodenbelagsmesse im Mandala Bay waren in der letzten Woche 200.000 Messebesucher in der Stadt.

Besucher, die sich das Gedränge richtig was haben kosten lassen und ganz sicher nicht zum Cappuccino- und Prosecco-Trinken durch die Hallen schoben – denn Getränke zählten auf der KBIS zu den Raritäten, ebenso wie Snacks und andere Verpflegung. Das stete Hungergefühl wurde unter den europäischen Ausstellern und Besuchern schnell zum running joke, ebenso der durch Jetlag und abendliche Aktivitäten verursachte maximale Schlafmangel und die Preisstellung der örtlichen Gastronomie. Avocado-Toast zum Frühstückskaffee 25 Dollar mit tip und tax. So what?! All das war schnell verziehen, auch dass am Schluss etliche Aussteller die Transportverpackungen vermissten. In Summe war es einfach eine sensationell gute Messe für die meisten Beteiligten. Zum Eröffnungs-Festakt am ersten Messetag kamen nicht weniger als 6.000 Leute, bei der Gala am Vorabend rockten Cool and the Gang, und beim Abschlusskonzert sang dann noch Sheryl Crow exklusiv für die Messegemeinde.

  • Alexander Oswald, Outsiderin, Jan Kurth

  • Andere Länder, andere Küchen: im Home Depot

  • Andere Länder, andere Küchen

  • Auf Initiative von Nobilia: German Pavilion

  • Auf Möbeleinkaufstour - Kai und Piet Schäffer von Schäffer American Home

  • Auswanderer: Annette und Ralf Lehnemann

  • Bauformat in Las Vegas: Matthias Berens

  • Besuch auf dem Stand von Burnout Kitchen

  • Blick über den Tellerrand - Heike Holt und Michael Lübbering

  • Bühnenprogramm rund um die Uhr: KBIS Next Stage

  • Daniel Joachimmeyer und Jan Leeker

  • Design für den US-Markt: Christian Käsemann

  • Eigene Gesellschaft in Miami: Markus Sander, Karin Padinger, Andreas Gommeringer

  • Große Pläne für Nobilia North America: Mikael Akerberg

  • Irene Gotas, Dr. Olaf Hoppelshäuser

  • Jan Heck, Markus Miele, Volker Irle

  • Javier Lombardia, Outsiderin, Dr. Lars Bopf

  • Kesseböhmer USA: Burkhard Schreiber, David Ivey, Dan Oestreich

  • Morgendämmerung am Convention Center

  • Orientierungstour: Adrian Junker, Kirk Mangels, Albrecht Arenz

  • Parallel zur KBIS war Möbelmesse im World Market Center

  • Pendeln zwischen den Kunden: Uwe Kreidel

  • Sebastian Kiefer, Florian Goos, Volker Irle

  • The Bash-Abschiedsparty, sponsored by Nobilia

  • Verspätete Gerätelieferung: Burnout sorgt kurz vor der Messe noch selbst für Ersatz

  • Wie beim Gebrauchtwagenhändler: Storecheck im Home Depot

  • Zach Elkin, President Beko USA

  • Zerlegte Küchen aus Stemwede: Stefan Albert

  • Zufälliges Treffen am frühen Morgen: Christoph Hampel

Auch der ein oder andere deutsche Marktteilnehmer, der sich in diesem Jahr (noch) nicht als Aussteller an der KBIS beteiligt hat, war auf den Ständen unterwegs und hat mit großen Augen aufgenommen, was dort abging. Mit fünf Leuten war zum Beispiel Schüller angereist. Nicht auszuschließen, dass der German Pavilion im nächsten Jahr, spätestens aber im übernächsten, anbauen muss. Siematic America, 2022 noch am Start, musste für dieses Jahr canceln – wegen Veränderungen im Vertriebsteam, wird aber voraussichtlich wieder aufspringen. Vermisst wurden auch Poggenpohl und Nolte, die schon länger eigene US-Gesellschaften haben. Bei Nolte ist allerdings geplant, die Markterschließung bald auch größer anzugehen.

Beeindruckend war, welche herausragende Position den deutschen Ausstellern auf der Messe eingeräumt wurde. Der Hallenteil, in dem der - auf Initiative von Nobilia – von AMK und VDM organisierte German Pavilion seinen Platz hatte, stach deutlich hervor und wurde auch an verschiedenen Stellen auf dem Messegelände groß beworben. Und groß, das heißt in Amerika bekanntlich wirklich groß.

Nicht nur bei den großen Unternehmen wie Nobilia, Häcker oder dem Bauformat-Partner Bauteam war es die ganze Zeit knallvoll auf den Ständen. Auch beispielsweise bei Burnout Kitchen oder Ballerina kam die Standbesatzung kaum mal zum Verschnaufen.

Nobilia North America hat sich seit dem Marktstart vor ein paar Jahren einen Namen im Markt erarbeitet und war gefühlt überall präsent auf der Messe. Amerika-Chef Mikael Åkerberg mischt im Board der NKBA mit, ebenso wie Mieles Jan Heck (aktuell President), und war so bei diversen Events auf der Bühne, ebenso übrigens AMK-Geschäftsführer Volker Irle. Staunen kann man als Europäer über die offensiven Sponsoringmaßnahmen, mit denen die NKBA den Sponsoren Schützenhilfe bei Steigerung der Markenbekanntheit gibt – und sich selbst und die Messe zu einem großen Teil darüber finanziert. Etliche Awards wurden vergeben, gesponsert von Beko, Signature (LG), Nobilia und anderen.

___STEADY_PAYWALL___Fast wie zur Primetime beim Superbowl wurden bei der Eröffnungsgala am Messevorabend Werbespots von Beko, der „nachhaltigsten Hausgerätemarke der Welt“ und Hauptsponsor eingespielt. Kleiner thematischer Schlenker: Nachhaltigkeit war ebenfalls ganz großes Thema auf der KBIS, steckt allerdings doch eher noch in den Kinderschuhen, wie nicht nur die täglich auflaufenden Berge von Plastikmüll im Alltag zeigen, die einen als Europäer eher ratlos zurücklassen.

Das Global Connect Programm der NKBA, das zusammen mit der AMK-Delegationsreise dazu geführt hat, dass man auch etliche deutsche Gesichter außerhalb der Ausstellerschaft in Las Vegas traf, trägt den Namen zu Recht. Die NKBA hat während des Events aktiv Kontakte vermittelt und hat konkret auch das Ziel, europäischen Unternehmen einen Marktzugang zu verschaffen. „Der Markt braucht das“, heißt von Seiten des Verbands.

Schreck beim Storecheck

Dass der Markt europäische Einflüsse gut brauchen kann, den Eindruck gewann die Outsiderin auch bei einer kleinen „Storecheck“-Stichprobe am Vortag der Messe (kurioserweise mit einem Uber-Fahrer, der seine Kindheit in Herford verbracht hat). „Klapprig“ ist als Umschreibung für das Küchenangebot im Baumarkt noch geprahlt. Die „Kojen“ erinnern eher an Gebrauchtwagen-Handel als an eine Küchenpräsentation: Wilde Zusammenstellung, fehlende Griffe, herausfallende Fronten. Der einzige Verkäufer (Küchen-Designer genannt), der sich um die Kundschaft bemühte, versuchte den abgeranzten Schrank mit der Umschreibung „very unexpensive“ schmackhaft zu machen.

Man kann das belächeln oder auch als Beweis dafür sehen, dass deutsche Küchen auf jeden Fall Potenzial haben auf der anderen Seite des großen Teichs – zumal das Preisniveau in den USA auch noch deutlich höher ist. Allzu hochmütig sollte man allerdings auch nicht auf den US-Markt blicken, denn die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Was über die DIY-Stores vermarktet wird, ist zudem ja auch nur ein Teil des Marktes und sicherlich nicht der, mit dem die deutsche Küchenmöbelindustrie in den Wettbewerb treten wird. Um zu vermitteln, dass sich aus Spanplatten und Folie qualitativ höherwertige Produkte bauen lassen als aus massivem Holz, wird es zudem noch eine Menge Aufklärung brauchen.

Europäischer Style findet ausgehend von den Metropolen seit ein paar Jahren allmählich mehr Anklang, besetzt bislang aber noch eine Nische. Dass vieles, was in anderen Teilen der Welt selbstverständlich ist, in den USA noch nicht so breit Einzug gehalten hat, konnte man ganz gut an den „Wow-Momenten“ von Fachbesuchern erkennen, wenn sie das erste Mal Induktionskochfelder oder gedämpfte Klappenbeschläge sahen.

Dritte Marktschiene

Nobilia-Mann Åkerberg hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit den europäischen Marktbegleitern „European Kitchen Furniture“ als dritte Sparte neben Face-framed und Frameless cabinetry zu etablieren. Dabei helfen dann sogar die Aktivitäten des britischen Direktvermarkters Wren, der gerade mit eigener Produktion und einer Schlagzahl bei den geplanten Storeeröffnungen den US-Markt für sich gewinnen will. Vor dem Hintergrund kann man dann auch verstehen, wieso Nobilia sich drüben als „World's largest manufacturer of European kitchen furniture“ präsentiert.

„Der Markt ist jetzt so weit“, sagt Åkerberg. Und Nobilia North America auch, mit Kunden in bislang 41 Staaten und 6.000 verkauften Küchen im vergangenen Jahr. Akerberg: „Bislang sind wir Nischenplayer, jetzt wird skaliert.“ Den US-Küchenmarkt schätzt er auf 6,6 Mio Küchen/Jahr. „Wir wollen mit allen unseren Preisgruppen in alle Kanäle.“ Die Produkte sind bislang nicht speziell auf den Markt ausgerichtet. Bei den Maßen könnte das kommen. Ob Nobilia irgendwann mal selbst produziert in den USA, das hängt vom Wachstum ab. Angesichts der gigantischen Größe des Landes bliebe die Logistik natürlich auch bei einer Fertigung vor Ort anspruchsvoll. So freut man sich zunächst mal, dass die Containerpreise wieder auf verträglichem Niveau sind und auch die Wartezeiten an den Häfen. Das schaute noch vor einem Jahr ganz anders aus. In dem Fall war Aussitzen wohl die richtige Taktik.

Stellung auf dem Nobilia-Stand hielten auch die Verantwortlichen von Nobilias Franchise-Organisationen. Rein in die Marktlücke: Die kleinen „Mom&Pop“-Stores im Land sind nicht wie bei uns in Einkaufsorganisationen organisiert. Franchisekonzepte im Küchensegment sind bislang auch kaum vorhanden. „Die kleinen Stores brauchen Support“, sagt Åkerberg. „Das kann zum Game Changer für die Branche werden“, meint er. Noblessa gibt es schon viermal an der Westküste, ein Kütchenhaus in Miami. Die Händler sollen die Wahl haben, auch aus den weiteren FBD-Marken.

Daniel Joachimmeyer, Mitgründer des Outdoorküchenbauers Burnout, sieht seine US-Kundschaft nach den ersten Messetagen eher in der Grillszene, möglicherweise auch in Kooperation mit einem der Grillieferanten. Die Messeküche konnte Joachimmeyer zum Ende der Messe noch an einen Händler aus Palm Beach verkaufen, wo sie in der Nachbarschaft von Brad Pitt installiert wird. „Wir werden auf jeden Fall dranbleiben“, sagt Joachimmeyer im Nachgang. Lohnend ist für Burnout die Verschiffung aus Bissendorf nach Amerika nur bei Abnahme ganzer Container. Kunden aus dem Handel müssten also etwa zehn Küchen kaufen und auf Lager nehmen.

Der Baumann-Vertriebspartner Bauteam von Eric Mnat hat bereits ein Lager in Los Angeles. Dort wird das neue, auf Inch-Maßen basierende Zerlegtprogramm Baubasic gelagert. Baubasic wird wird von Jaka BKL in Stemwede gefertigt. Drei verschiedene Fronten werden in Los Angeles dazukommissioniert. Die Ware kommt zum einen im Projektgeschäft zum Einsatz, zum anderen als individuelle Küche im Online-Direktgeschäft. Mnat zeigt inzwischen auch offen die Marken der Baumann Group, nachdem Bauteam zuvor lange nur unter den eigenen Marken aufgetreten war.

Jeder der auf der KBIS vertretenen Deutschen geht anders ran an den Markt: Ballerina hat mit Jeremy Parcels einen neuen Agenten, der auch Advisor im Global Connect Programm ist. Die auf dem Ballerina-Stand gezeigte Küche hatte ein amerikanischer Designer geplant, der es verstand, beide Welten zu verbinden – beispielsweise über den Fliesenspiegel in der Nische. Auch Ballerina hat sich am Sponsoring-Programm beteiligt und die Designhound-Tour gefördert. „Wir wollen bei den Designern bekannt werden“, so Christian Käsemann von Ballerina. Die NKBA schätzt, dass es rund 850.000 geprüfte Küchenplaner in den USA gibt, denen im Vertrieb eine große zukommt. Das Küchenstudio, wie wir es kennen, ist dagegen (noch) weniger verbreitet.

Ein paar Schritte weiter ist im Laufe des vergangenen Jahres auch Häckers US-Gesellschaft. Deren Boss Andreas Gommeringer erklärt, dass man bei Häcker nun in erster Linie auf Häcker-Monobrand-Showrooms von L.A bis Atlanta setzen wird. Sieben bis acht Premiumpartner gibt es. Und die Mitarbeiterzahl hat Häcker US auf mittlerweile sieben ausgebaut.

Die Zulieferer sind auf dem US-Markt schon lange zu Hause. So erstaunt es nicht, dass auch wieder sämtliche europäische Beschläge-Größen mit ihren US-Gesellschaften auf der KBIS standen: Kesseböhmer und Vauth Sagel, Hettich, Grass, Blum, Salice und Häfele. Sie beliefern teils die nordamerikanische Küchenindustrie, aber zu einem großen Teil auch den Handel bzw. das Handwerk. Da letztere vor allem in den Renovierungsmarkt liefern statt in den Neubau-Sektor, geht man davon aus, dass der Markt sich weiterhin solide entwickelt. Aktuell wirkt sich etwas bremsend aus, dass die Läger gefüllt sind und nicht nachgeordert wird. In der Immobilienkrise nahm das Renovierungsgeschäft seinerzeit mit einem zeitlichen Versatz von etwa zwei Jahren ab. In der näheren Zukunft könnte, so die NKBA, der Renovierungsbereich davon profitieren, dass in den 2000er Jahren errichtete Häuser in die Jahre kommen.

Die Housing Starts für Einfamilienhäuser haben 2022 mit -1,4 Prozent auf 1,382 Mio weniger stark abgenommen als prognostiziert, was auch in erster Linie auf Mehrfamilienhäuser zurückzuführen war. Die Baubeginne bei Einfamilienhäusern dagegen sind zuletzt um 11 Prozent gestiegen. Ein gutes Zeichen für die Branche.

Für den, der mehr wissen will über den US-amerikanischen Küchenmarkt: Im letzten April haben wir im INSIDE Zuliefer Spezial 23 schon einmal weiter dazu ausgeholt.

 

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