Plastikfrei-Label Flustix
"Ohne Kunststoffe geht es nicht mehr"

Mit einem relativ jungen Label prüft die Anti-Kunststoff-Initiative Flustix aus Berlin seit 2017 Produkte und Verpackungen, aber auch Zulieferprodukte auf deren Plastikgehalt bzw. die Art der verwendeten Kunststoffe.
Plastikfreie und plastikreduzierte Waren und Produkte aus Sekundärkunststoffen können mit unterschiedlichen europaweit gültigen Flustix-Siegeln gekennzeichnet werden. Diese dienen nicht nur dem Marketing, weil Endverbraucher zunehmend auf sowas achten, sondern bieten auch das, was neudeutsch als „Credibility“ bekannt ist. Für die stehen die jeweiligen Prüf- und Lizenzpartner, die dafür sorgen, dass das Label nicht angreifbar ist: Prüfpartner für die Plastikfrei-Siegel ist die Wessling-Gruppe, die Lizenzen werden vom RAL-Institut vergeben. Als Zertifizierungspartner für Recycling-Produkte ist DIN Certco an Bord, die ein Vor-Ort-Audit der Herstellungskette durchführt und den Rezyklatgehalt im Endprodukt berechnet.
Die Lizenzgebühren sind übrigens abhängig vom Umsatz mit dem betreffenden Produkt, was die Zertifizierung auch für kleinere Unternehmen erschwinglich machen soll.
Möbelhersteller zählt Flustix (bislang) noch nicht zu seinen Kunden, aber die ersten Produzenten von Leder-Alternativmaterialien - auch für die Inneneinrichtung - lassen sich gerade zertifizieren. Bei denen kommen beispielsweise Hanf oder Flachs zum Einsatz.
Der Einsatz recycelter Kunststoffe werde gerade zum noch größeren Thema als der generelle Verzicht auf Plastik, sagt Flustix-Gründer Malte Biss. Biss: "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es ohne Kunststoffe gar nicht mehr geht. Kunststoffe haben den Konsum demokratisiert. Sie sind praktisch und billig."
Die Autobauer Volvo und Jeep beispielsweise gehen schon stark in Richtung recycelter Kunststoffgewebe bei Sitzbezügen und Polsterung und auch auf den letzten Möbelmessen konnte man recycelte Stoffe sehen. Zu den Herbstmessen werden weitere Polstermöbler entsprechende Bezugsstoffe ins Programm nehmen, das steht jetzt schon fest.
Biss sagt, dass es über kurz oder lang auch Quoten für den Einsatz von Rezyklaten geben werde. Gewappnet ist, wer sich jetzt schon dafür aufstellt. Auch in der öffentlichen Beschaffung gibt es Absichten, Richtlinien zu implementieren, laut denen nur noch Produkte mit entsprechendem Recyclinganteil eingekauft werden dürfen. Das beträfe dann unter Umständen auch Möbel.
Im Zusammenhang mit der zunehmenden Bedeutung recycelter Kunststoffe zeichnet Flustix auch immer mehr Recycler aus. Um den Rezyklate-Handel zu beschleunigen plane man, im B2B-Bereich die Preise nach unten anzupassen. „Im B2B-Bereich bieten wir der Wirtschaft Sicherheit für Zulieferprodukte“, so Biss. Zu Kunden in diesem Bereich zählt er beispielsweise den Henkel-Konzern, der Rezyklate vor der Verpackungsherstellung prüfen lässt.
Bevor Malte Biss und seine Frau Julia sich 2017 mit der Anti-Kunststoff-Initiative Flustix selbstständig machten, war Biss Redakteur bei der Bild, der Bunten und der Bild am Sonntag - zum Schluss sogar Bild-Unterhaltungschef. Die Kontakte aus dieser Zeit sind es, die er heute noch nutzt, um sein Herzensprojekt bekannt zu machen. So ist beispielsweise eine TV-Reportage gemeinsam mit der mehrfachen Schwimm-Welt- und Europameisterin Franziska van Almsick in Planung.
Auf die Idee, ein Anti-Plastik-Business zu starten, ist Biss ebenfalls durch zwei Prominente gekommen. Zum einen durfte er 2011 die monegassische Delegation zur UN-Klimakonferenz nach Durban begleiten. Dort sagte Fürst Albert von Monaco im Interview: „Die Umsetzung von Umweltthemen kann beschleunigt werden, wenn sie zu Wirtschaftsthemen werden. Wenn die Wirtschaft eine Chance darin sieht, dann verändert sich wirklich etwas. Das habt ihr Deutschen so gut verstanden, wie bisher keine andere Nation.“
Wieder in Erinnerung gerufen habe ihm diese Aussage vier Jahre später Mario Adorf, erzählt Biss. Nachdem der Wind während eines Interviews bei einem Edel-Italiener am Strand von St. Tropez sämtliche Plastik(!)flaschen und-becher vom Tisch ins Meer gepustet hatte, sei der Schauspieler wutentbrannt aufgesprungen und habe geschimpft, dass man an der französischen Riviera morgens nicht einmal mehr im Meer baden gehen könne, weil da der ganze angespülte Plastikmüll noch nicht weggeräumt worden sei. Das habe ihm den endgültigen Anstoß gegeben, Flustix als Umweltsiegel zu entwickeln. Biss: "Ich bin kein Typ, der demonstriert oder sich ankettet. Wir haben etwas von der Wirtschaft für die Wirtschaft geschaffen.“ Der Zeitpunkt war sicherlich der richtige. Durch die zunehmende Nachhaltigkeitsdebatte gab es Rückenwind.