Seit letztem Herbst ist die BSH-Marke Bosch auch auf dem deutschen Markt mit einem eigenen Online-Shop am Start, in dem auch Großgeräte angeboten werden. Besonders eifrig getrommelt wurde dafür bislang nicht. Einigen im Handel ist der Direktvertriebsansatz dennoch ein Dorn im Auge, klar. Wieso sie sich in München für diesen Kanal entschieden haben und welche Konzernmarken noch folgen könnten, haben wir in der vergangenen Woche Harald Friedrich gefragt.
INSIDE: Herr Friedrich, Sie sind seit Jahresanfang Leiter Zentral- und Osteuropa bei der BSH, und damit auch für alle Marken in dieser Region zuständig. Wie haben Sie sich eingelebt in Ihrer neuen Aufgabe?
Harald Friedrich: Es ist abwechslungsreich und spannend, aber auch recht zeitintensiv, dadurch, dass ich ja jetzt für alle Marken in Deutschland verantwortlich bin, und auch für Polen, Tschechien, Slowakei, Österreich, Ungarn und Schweiz, Luxemburg und die ehemaligen jugoslawischen Länder. Das ist ein sehr umfangreiches Portfolio und natürlich ist auch einiges neu für mich. In den letzten Wochen war ich daher sehr viel auf Reisen und habe erstmal viele Kolleginnen und Kollegen und Vertriebsteams besucht.
Und jedes Land hat unterschiedliche Herausforderungen.
Jedes Land hat eigene Strukturen und auch die Handelslandschaften sind ganz unterschiedlich. In manchen Ländern ist die Handelslandschaft sehr konzentriert, andere sind breiter aufgestellt. Die Wettbewerbssituation ist auch überall eine andere und natürlich sind auch die Konsumenten und Konsumentinnen unterschiedlich, somit auch die Kaufkraft oder Zielgruppengrößen. Es ist sehr spannend!
Heute haben wir uns verabredet, um über den deutschen Markt zu sprechen und zwar über ein spezielles Thema: D2C. Bosch vermarktet seit Oktober 2022 auch Einbaugeräte über einen eigenen Online-Shop. Damit flogen Sie bislang eher unter dem Radar. Wir wurden erst kürzlich von Händlern darauf aufmerksam gemacht. Wann hat die BSH sich entschieden, auch auf dem deutschen Markt in die Direktvermarktung einzusteigen?
Grundsätzlich hat sich die BSH schon vor einigen Jahren mit dem Thema Konsumentennähe intensiv auseinandergesetzt. Dazu gehört auch die Entscheidung, ein Angebot im Bereich D2C aufzusetzen. Konsumenten haben sich in den letzten Jahren sehr verändert. Markenprodukte werden zunehmend auch direkt beim Hersteller gesucht. In Österreich sind wir schon seit fast fünf Jahren mit einem Bosch-Store in der Mariahilfer Straße in Wien präsent, eine sehr frequentierte Lage. Dort kann unsere Marke optimal dargestellt werden.
Wie ist denn der Fahrplan für Deutschland, was das D2C-Geschäft angeht?
In Deutschland haben wir im letzten Oktober den Vertrieb aufgenommen. Auf der Bosch-Webseite gibt es den Reiter „Shop“. In diesem Shop haben wir Ersatzteile und Zubehör angeboten, seit Oktober sind dort auch Großgeräte zu finden.___STEADY_PAYWALL___
Werden andere Konzernmarken auch mit eigenen Shops an den Start gehen?
Der Fokus unserer D2C-Aktivitäten liegt zunächst auf Bosch. Eine Erweiterung um die Marke Siemens ist geplant.
Steht das genaue Startdatum bereits fest?
Heute noch nicht. Es wird zu Anfang des zweiten Halbjahres sein.
Was ist das Ziel dieser Shops?
Das Ziel ist, unsere Marken und Produkte den Endkunden so zu präsentieren, dass sie die Wertigkeit erkennen. Natürlich sind wir auch daran interessiert, die Kaufprozesse zu verstehen und zu optimieren. Wenn wir selbst vertreiben, erkennen wir auch ein Optimierungspotenzial im Vertrieb unserer Händler besser.
Sind eigene Stores wie in Österreich auch auf dem deutschen Markt ein Thema?
Derzeit sind keine physischen Stores in Planung. Wir werden das Thema natürlich immer wieder neu bewerten und prüfen, ob es einen sinnvollen Zeitpunkt gibt. Aktuell ist das aber nicht der Fall.
Welchen Anteil könnte das D2C-Geschäft perspektivisch am Gesamtumsatz haben?
Der Umsatz ist für uns hierbei nicht das wesentliche Kriterium. Es geht uns mehr darum, über D2C mit den Endkunden in Kontakt zu kommen, Prozesse und Mechanismen zu testen. So können wir das Verhalten der Konsumenten und Konsumentinnen in unsere zukünftigen Aktivitäten einbeziehen.
Bisher haben ausschließlich Ihre Handelspartner die Geräte verkauft. Welche Verantwortung haben Sie Ihren Händlerkunden gegenüber in der Kommunikation?
Wir haben vor dem Launch alle Zentralen und relevanten Handelspartner über unsere Mitarbeitenden aus dem Key Account Management und dem Außendienst informiert. Mir ist ein Punkt ganz wichtig: Der Fachhandel – der Elektrohandel genauso wie der Küchen- und Möbelfachhandel – war, ist und bleibt für uns das Rückgrat des gesamten Geschäfts. Unsere D2C-Aktivitäten sind eine zusätzliche Säule, die unsere loyalen Beziehungen zu Elektrohändlern und Küchenmöbelhändlern erfolgreich ergänzt. Letztlich profitiert auch der Fachhandel von der professionellen und konsistenten Präsentation unserer Marken im D2C-Vertriebsweg. Das Volumen wird auch gar nicht so groß werden, um eine Gefahr für den Fachhandel darzustellen. Zudem hat jeder Absatzkanal seine Besonderheiten, mit denen er sich den Endkunden gegenüber von unserem Angebot differenziert. Gerade im Küchenfachhandel geht es um ein Systemgeschäft. Man kauft Holz, Spüle, Armaturen und Geräte und vor allem will ein Kunde die Komplettlösung: Dass jemand die gesamte Küche installiert und gebrauchsfertig übergibt. Der Küchenfachhandel hat ein ganz anderes Angebot als das, was wir selbst leisten können. Wir selbst sind mit Geräten im Ersatzbedarfsgeschäft unterwegs.
Welche Geräte werden denn im eigenen Onlineshop angeboten?
Wir differenzieren hier klar. Im Direktvertrieb bieten wir Liniengeräte an, Sologeräte und Einbaugeräte. Die Küchenhandelssortimente Bosch Accentline und Siemens Studioline sind hier aber außen vor, ebenso wie die Gerätereihen speziell für den Elektrofachhandel – Bosch exklusiv und Siemens Extraklasse. Diese werden hier nicht von uns angeboten.
Dennoch fühlen sich Fachhändler zum Teil gereizt, wenn sie mitbekommen, dass die BSH nun auch direktvermarktet. Es wird als nicht partnerschaftlich empfunden. Was sagen Sie diesen Kunden?
In Österreich als Pilotmarkt haben wir gute Erfahrungen gemacht. Die Marke Bosch wurde aufgewertet. Wir unterstützen den Handel auch mit unseren Markenaktivitäten. Bei Bosch haben wir beispielsweise ein eigenes Sortiment für Accentline-Händler, wir haben eigene Marketingaktivitäten. Es gibt digitale Stele für den Point of Sale, über die wir diese Inhalte auch zum Endkunden transportieren. Wir unterstützen den Fachhandel.
Wichtig ist auch das Thema Preis. In den letzten Wochen gab es im Bosch-Onlineshop eine „Frühjahrsaktion“ mit 15 Prozent Rabatt auf bestimmte Produkte. Verschiedene Händler haben festgestellt, dass einzelne Produkte durch diesen Rabatt dann preislich schon ziemlich dicht an ihren Einkaufspreis herankamen.
Über konkretes Pricing sprechen wir nicht, aber natürlich streben wir eine wertorientierte Vermarktung an. Unsere Angebote müssen den Konsumenten und Konsumentinnen signalisieren, welche Wertigkeit wir für unsere Geräte sehen. Eine andere Geschichte ist, dass man – wie im Handel ja auch – Angebote durch Kampagnen und Promotions attraktiv macht. Über solche Kampagnen verfolgen wir das Ziel, die Sichtbarkeit der Produkte und den Traffic zu erhöhen. Allerdings ist unsere Wertorientierung bedeutender. Insofern haben wir diese Aktion nochmal analysiert und bewertet und in der Zwischenzeit auch etwas angepasst.
Ist angepasst ein anderes Wort für gestoppt?
Nein, gestoppt ist die Aktion nicht. Sie ist nicht mehr mit so konkreten Zahlen hinterlegt und etwas dezenter im Auftritt.
Steckt hinter der D2C-Strategie vielleicht auch die Erfordernis, ein weiteres Standbein aufzubauen für den Fall, dass bestimmte Vertriebskanäle aus eigenen Problemen oder aus der Marktentwicklung heraus in der Zukunft an Bedeutung verlieren könnten?
Wie der Markt in der Zukunft aussieht, ist nie klar. Wenn man einen D2C-Kanal wertorientiert bewirtschaftet, wie wir es tun, dann laufen die Prozesse und es ließe sich gegebenenfalls auch leichter skalieren. Wobei Skalieren in dem Bereich natürlich mit größerem Aufwand verbunden wäre, denn die dahinterstehenden Logistikprozesse sehen in dem Geschäft schon anders aus als im B2B-Geschäft.
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