Zum Hauptinhalt springen

Gipfel-Speaker Stephan Grünewald: „Rückzug ins Schneckenhaus“

Gipfel-Speaker Stephan Grünewald

„Rückzug ins Schneckenhaus“

02. August 2023, 11:41
Stephan Grünewald auf dem letzten Gipfel

„Zwischen der persönlichen Zuversicht der Deutschen und dem Vertrauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gibt es eine große Diskrepanz.“ So leitete Stephan Grünewald seinen Leitartikel im Kölner Stadtanzeiger am vergangenen Freitag unter der Überschrift „Zuversicht im Schneckenhaus“ ein.

Einen Tag davor hatte das Kölner Rheingold Institut eine neue Studie vorgestellt, die mit qualitativer und quantitativer Analyse ein alarmierendes Ergebnis zu Tage förderte, das am Ende wenigstens der Möbelbranche Hoffnung machen kann. Grünewald: „Es blicken zwar 87 Prozent der Menschen zuversichtlich auf ihr persönliches Umfeld mit Familie und Freunden und den eigenen Wirkungskreis in Beruf, Ausbildung oder ehrenamtlichem Engagement. Nur 23 Prozent hingegen verbinden ein Gefühl der Zuversicht mit Politik und Gesellschaft.“

Die konkreten Studienergebnisse rollen wir an dieser Stelle nicht weiter auf. Die Tatsache, dass Rheingold-Gründer Grünewald, Keynote-Speaker auf dem 5. INSIDE Branchen-Gipfel Ende April, noch am Abend der Studienpräsentation am vergangenen Donnerstag Interview-Gast in den Heute-Nachrichten im ZDF war, die Welt am nächsten Tag zwei Seiten zu den Ergebnissen aufgeschrieben hat und die Studie alles in allem eine ziemliche Welle gemacht hat, zeigt: Das Thema treibt die Menschen um.

Wir waren an diesem Dienstagvormittag ohnehin seit Langem mit Grünewald verabredet. Im kommenden INSIDE Spezial Küche, das zu den Herbstmessen erscheint, werden wir einen großen Schwerpunkt über das Erkunden der Endkunden-Trends und die Customer-Research-Methoden im Einrichtungsmarkt bringen. Wir werden in diesem Zusammenhang auch die tiefenpsychologische Methode des Rheingold-Instituts vorstellen. Die ist offenkundig in ihrer Trefferquote ziemlich gut. Bei den vergangenen vier Bundestagswahlen konnte das Rheingold Institut nach 50 Tiefeninterviews drei Mal das tatsächliche Ergebnis der Wahl genauer vorhersagen als die großen Demoskopen. Ein erstaunliches Ergebnis.

Nochmal kurz zu den aktuellen Ergebnissen der jüngsten „Zufriedenheits-Studie“ der Kölner. Die beängstigende Seite der Ergebnisse fassen wir mit Grünewald so zusammen: „Unter der ausgeprägten, stark verbreiteten Zuversicht im Privaten lauert ein diffuses Grundgefühl der Bedrohung und Endzeitstimmung. Ein Impuls, der bedrohlichen Welt entfliehen zu wollen, geht einher mit dem Rückzug ins persönliche Schneckenhaus. Den Deutschen gelingt die Maximierung ihrer Zuversicht durch eine Minimierung ihres Gesichtskreises. Diese Verengung der persönlichen Sicht zeigt sich vor allem in einer weitgehenden Verdrängung der globalen Krisen. In ihrem Alltag blenden die meisten Menschen den Krieg in der Ukraine, den Klimawandel oder die Migrationskrise aus.“

Der weitere Rückzug ins Schneckenhaus als Großtrend der nahen Zukunft hat für die Möbelbranche zumindest sein Gutes. Der Rheingold-Chef: „Das eigene Zuhause wird als Basislager des Ichs kontinuierlich verschönert und zur Wohlfühloase ausgebaut, von der aus dann kleine Fluchten in die nahe Natur oder in den Urlaub organisiert werden.“ Die Sehnsucht nach dem sicheren Zuhause werde immer größer, sagt Grünewald. „Unser Verhältnis auch zum Mobiliar verändert sich.“

Login