30. April 2021, 12:19
Endkunden warten in ihren neuen Einbauküchen wochenlang auf Geschirrspüler und Öfen, wegen fehlender Spanplatten liegen ganze Möbelwerke lahm, die Preise für Stahl, Kunststoffe, Schäume und Co. explodieren. Um die Materialversorgung am Laufen zu halten, sind Flexibilität und Kooperationsbereitschaft gefragt. Und ein tiefer Griff ins Portemonnaie. Mitte April haben wir für eine große Video-Talkrunde prominente Vertreter aus verschiedenen Wertschöpfungsstufen der Möbelbranche zusammengetrommelt. Es war eine hitzige Diskussion, in deren Verlauf klar wurde: Das Stresslevel ist hoch. In allen Bereichen. Aber auch: Es geht nur miteinander, nicht gegeneinander.
Das Interview in (fast) voller Länge erscheint in unserem INSIDE Spezial Zulieferindustrie, das am heutigen Freitag versandt wird. Zur gar nicht ganz so kurzen Videozusammenfassung geht es hier:
Gerade für Endverbraucher ist es oft nicht verständlich, wieso sie auf ihr Möbelstück oder ihr Elektrogerät warten sollen. Und auch in der Branche sind viele am Grübeln. Obwohl die Lockdowns im Handel im ersten Quartal tiefe Furchen in den Auftragsbüchern vieler Möbelhersteller hinterlassen haben, sind Rohmaterialien schwer zu bekommen. Es gibt viele Probleme bei der Beschaffung gerade, für alle Protagonisten im Markt. Teils werden Rohstoffe wie an der Börse gehandelt, manche werden zu jedem Preis gekauft. Die Containerknappheit - speziell beim Asienimport - sorgte bis Chinesisch Neujahr für zusätzlichen Stress. Ein Haken ist auch noch lange nicht dran. Als vor ein paar Wochen die „Ever Given“ den Suezkanal blockierte und für mehrere Tage den gesamten Frachtverkehr zwischen Nordatlantik und Indischem Ozean lahmlegte, wurde das Thema Logistik eines für die breite Öffentlichkeit. Kaum eine Nachrichtensendung, die den Schiffsstau mitten in Ägypten nicht thematisierte. Vielleicht hat das wenigstens die Verbraucher sensibilisiert. Hoffentlich.
Mit dem Unverständnis der Endverbraucher kriegt es natürlich in erster Linie der Handel zu tun. Nicht jeder Endverbraucher bleibt gelassen, wenn er in seiner neuen Küche erstmal noch ein paar Wochen von Hand spülen soll, weil sich der Geschirrspüler verspätet. Der Handmixer oder das Topf-Set zur Besänftigung ziehen nicht bei allen. Oft werden Nachlässe gefordert, Rechnungen nicht oder nicht ganz bezahlt. In jedem Fall aber kostet es den Händler Zusatzaufwand – finanziell und zeitlich.
Finanziellen Aufwand und den täglichen Kampf, überhaupt Material zu bekommen, haben aber auch die Produzenten, ob Möbelhersteller oder Zulieferer. Den Kastenmöbelanbietern unter den Diskussionsteilnehmern macht die schwierige Spanplattenversorgung noch mehr zu schaffen als beispielsweise den Küchenmöbelherstellern. Mit Michael Egger jun., Divisionsleiter Decorative Mitte beim Holzwerkstoff-Multi Egger und Mitglied Inhaberfamilie, hatten wir auch einen Vertreter der Spanplattenindustrie in der Runde, der deutlich machte, dass die Produktion auf vollen Touren läuft. Mehr geht nicht bei bestehenden Kapazitäten. Für die an der Front kämpfenden Vertreter des Handels in der Runde dürfte es interessant gewesen sein, welche Anstrengungen auch hinter den Kulissen unternommen werden müssen, um die Lieferkette am Laufen zu halten. Bei dem Gespräch waren dabei: Elmar Duffner (CEO Vivonio), Michael Egger jun. (Divisionsleiter Egger Decorative Mitte), Thorsten Gösling (Geschäftsführer Pronorm Küchen), Dieter Hilpert (Inhaber Bega), Jens Hölper (Geschäftsführer Garant), Uwe Kreidel (Geschäftsführer Hettich), Stefan Möller (Geschäftsführer Häcker Küchen), Ralf Priefer (Geschäftsführer Ninka), Simone Scheuermann (Geschäftsführerin Küchen Keie) und Peter Schönhofen (Inhaber Kare).