12. April 2021, 11:55
Zum neuen Jahr führte der Premiumgeräte- und Kühlgerätespezialist Liebherr eine neue selektive Vertriebsvereinbarung für seine Handelspartner ein, die mit viel Hirnschmalz und Strategieplanung im Ressort des Liebherr-Vertriebsgeschäftsführers Steffen Nagel erarbeitet worden war. In der Regel sind solche neuen Vertriebsvereinbarungen heutzutage im Vorfeld mit dem Bundeskartellamt abgestimmt. So war das auch in diesem Fall, halbwegs offenbar. Denn Bonn hat sich in den vergangenen Wochen nochmal intensiv mit dem Liebherr-Modell beschäftigt und meldete am Montagmorgen: „Bundeskartellamt sichert Chancengleichheit des Online-Handels beim neuen Liebherr-Vertriebsmodell.“
Die Liebherr-Hausgeräte Vertriebs- und Service GmbH hat nun „auf bestimmte Klauseln in ihren Vertriebsbedingungen verzichtet, die nach vorläufiger Auffassung des Amtes zu einer Benachteiligung des Online-Handels geführt hätten“. Es hatte Beschwerden aus dem Markt gegeben. Konket: Vier Onlinehändler, die nun außen vor sind, hatten interveniert, wie man hört. Daraufhin hatte wiederum das Bundeskartellamt interveniert. Nun hat Liebherr ein paar kleine Anpassungen vornehmen müssen. Im Großen und Ganzen wurde das neue Liebherr-Vertriebsmodell nicht beanstandet.
Kartellamts-Präsident Andreas Mundt dazu: „Markenhersteller wie Liebherr haben die Möglichkeit, Qualitätsanforderungen für den Vertrieb ihrer Waren aufzustellen. Bei Liebherr haben wir nach Beschwerden aus dem Markt allerdings festgestellt, dass im Online-Vertrieb teilweise deutlich strengere Anforderungen als im stationären Handel gelten, um als Händler in den Genuss von Rabatten zu kommen. Händler, die auf beiden Vertriebsschienen aktiv sind und die strengen Online-Vorgaben nicht erfüllen, laufen dabei Gefahr, den Rabatt auch im stationären Bereich einzubüßen. Solche Klauseln können dazu führen, dass die Attraktivität des Online-Verkaufs erheblich leidet oder manche Händler ihn sogar einstellen. Das ist kartellrechtlich nicht akzeptabel. Auf unsere Intervention hin hat Liebherr die in Rede stehenden Kriterien angeglichen und flexibler gestaltet. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können somit auch in Zukunft von aktivem Preiswettbewerb zwischen den Händlern profitieren und zwar online und offline.“
Um was ging es im Einzelnen? Bonn dazu: „Anfang 2021 hat der Hersteller einen neuen Vertriebsvertrag und im Zuge dessen auch den Liebherr-Performance-Rabatt eingeführt. Auf Beschwerden aus dem Markt hin hat das Bundeskartellamt die Leistungskriterien, die ein Händler für den Erhalt von Rabatten erbringen muss, untersucht: Nach den Ermittlungen galten teilweise deutlich strengere Kriterien für den Online-Vertrieb im Vergleich zum stationären Verkauf. Dazu zählten Anforderungen an den Online-Shop wie die Erreichbarkeit von Personal an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 20 Uhr, die Lieferfrist für bestellte, nicht beim Händler vorrätige Ware sowie das Angebot bestimmter Zahlungsarten. Diese Regelungen benachteiligten nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamtes neben reinen Online-Händlern insbesondere auch Hybridhändler, die sowohl ein Ladenlokal als auch einen Online-Shop betreiben. Für diese galt, dass für den Erhalt des jeweiligen Rabattsatzes sämtliche Kriterien – sowohl online als auch offline – erfüllt werden mussten. Im Ergebnis erschienen die Anforderungen geeignet, den preisaktiveren Internetvertrieb wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Dies hätte den markeninternen Wettbewerb zwischen den Händlern von Liebherr-Geräten geschwächt. Liebherr erklärte sich bereit, diese Leistungskriterien an diejenigen für stationäre Verkaufsstellen anzupassen und die Erreichbarkeitszeiten wochenbezogen zu flexibilisieren. Damit waren die wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt.“
Weiter ist zu lesen, dass die neuen Liebherr-Kriterien zur Autorisierung der Händler, die Bestandteil des neuen Vertriebsvertrages sind, nicht beanstandet worden sind. Zudem gab es weitere Beschwerden über die von Liebherr vorgenommene Reduzierung der Händlerverkaufsstellen in Deutschland. Um gut 5 Prozent soll die Zahl der Händler reduziert werden. Bonn sah darin aber ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine diskriminierende oder unverhältnismäßige Art der Händlerauswahl. Liebherr hat sich aber verpflichtet, abgelehnten Händlern die Gründe der Auswahlentscheidung schriftlich mitzuteilen.